Adventskranz

Bedingt durch unsere sehr  unternehmungslustigen, neugierigen Freunde brennen bei uns die Kerzen nur unter strenger Bewachung.  Ich liebe Kerzen, Cheminee und Feuer im Allgemeinen. Vielleicht bin ich sogar ein kleiner Pyroman.  Den schönen Adventskranz den Marianne uns geschenkt hat, der hängt ungefährlich an der Eingangstüre. Trotzdem hat es mich interessiert, wo denn unser Brauch des Adventskranzes seinen Ursprung hatte. So stiess ich auf die Geschichte von Urs Hofmann. Danke dafür.

 

Die Spurensuche führt uns ins 19. Jahrhundert nach Deutschland, genauer gesagt nach Hamburg. Dort soll ein evangelischer Pfarrer namens Johann Hinrich Wichern den Adventskranz erfunden haben. Wie genau ist ihm das geglückt? Nun, in erster Linie leitete der gute Mann mit dem «Rauhen Haus» ein Heim für bedürftige Kinder (das es übrigens noch immer gibt). Die Heimkinder konnten – wie Kinder nun mal sind - die schier endlose Wartezeit bis Weihnachten kaum aushalten. Anno 1839 hatte Johann Hinrich Wichern dann eine buchstäblich zündende Idee: Er griff zu einem ausgedienten Kutschenrad aus Holz und befestigte darauf Kerzen. Sehr viele Kerzen.

Denn für die Sonntage nahm er grosse weisse Kerzen, für die Wochentage des Advents wählte er hingegen kleine rote. Das Wagenrad wurde dann an die Decke des Betsaals im «Rauhen Haus» gehängt. An jedem Tag im Advent zündete Johann Hinrich Wichern eine Kerze an und die Kinder konnten dank der noch nicht brennenden Kerzen leicht abzählen, wie viele Tage sie noch von Heiligabend trennen würden. Ausserdem wurde der Raum mit jedem Tag ein klein wenig heller und wärmer. Das immer stärker scheinende Licht passt natürlich auch symbolisch gut in die Vorweihnachtszeit. Schliesslich stehen in den Augen gläubiger Menschen die Kerzen für das Licht, das die Geburt Jesu den Menschen an Weihnachten schenken soll. Und auch die runde Form des Kranzes passt in eine christliche Weltsicht: Denn der Kranz kann als Bild für die Unendlichkeit Gottes verstanden werden, weil er keinen Anfang und kein Ende hat. Schon nach wenigen Jahren wurde der festliche Kerzenkranz im «Rauhen Haus» zusätzlich mit Tannengrün geschmückt. Von Hamburg aus verbreitete sich der Brauch in ganz Deutschland und bis in die Schweiz.

Zunächst gab es den «Wichernkranz» vor allem in evangelischen Kirchen und Gebetshäusern, erst ab 1925 griff auch die katholische Kirche diesen Brauch auf. Und falls Sie sich wundern, dass der heutige Adventskrank mit nur vier Kerzen aufwartet: Da nicht in jeder Wohnung für so einen grossen Kerzenkranz Platz an der Decke war, wurde die Zahl der Kerzen im Laufe der Zeit auf vier beschränkt: eine für jeden Sonntag im Advent.

Dass es genau vier Sonntage sind, liegt übrigens an Papst Gregor I.. Er verfügte im Mittelalter, dass der Advent – also die Zeit der Vorbereitung auf die «Ankunft des Herrn» – vier Sonntage haben soll. Und im «Rauhen Haus» in Hamburg brennt noch heute ein Adventskranz so gross wie ein Wagenrad mit einer Kerze für jeden Tag des Advents.

Ich wünsche Ihnen einen besinnlichen zweiten Advent. Bleiben Sie gesund und versuchen Sie, auch den letzten Metern des Jahres 2021 viel Positives abzugewinnen.



 

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