Empathie heisst mitfühlen

Ich bin mir bewusst, dass Zweibeiner die den folgenden Text lesen, nicht dijenigen sind, die das auch so handhaben. Ich habe mir aber gedacht, wenn jeder der das liest nur einen einzigen Radfahrer darauf aufmerksam macht, dass er seinem Hund nichts Gutes tut, dann haben wir gemeinsam schon viel erreicht.

Versteht mich nicht falsch. Am Rad mitlaufen kann für gesunde Hunde ganz toll sein. Ganz sicher an einem Geschirr, in angepasstem Tempo ( unsere dürfen am Rad nur traben), in einem angemessenen Zeitrahmen und bei Temperaturen, in denen Sport machen für beide noch Sinn und Spass macht. 

Ich bin bestimmt kein Miesmacher, wenn ich aber sehe, wie viele Menschen mit ihrem hechelnden Vierbeiner an der Leine über den heissen Asphalt kurven, sei es am Rad oder mit Rollerblades, könnte ich kotzen über so viel Ignoranz. 

Ab 25° C Außentemperatur trifft man immer wieder auf ein erstaunliches Naturphänomen: Die Radfahrer mit Hund. Das ganze Jahr über verstecken sie sich, aber exakt ab Hochsommer kriechen sie aus ihren Löchern. Luftig bekleidete Menschen, die sich genießerisch beim Radeln den frischen Fahrtwind um die Nase wehen lassen. Denn beim zu Fuß gehen kommt man bei den Temperaturen einfach zu leicht ins Schwitzen. Das Ganze mit einem in den Regel angeleinten, wenn möglich noch am Halsband, im Galopp nebenher hechelnden Hund, dem die Zunge bis zum Asphalt raushängt.

Was geht in diesen Menschen vor? Haben ihrer Ansicht nach Hunde ein anderes Temperaturempfinden? Sind das die Menschen, die ihren Hund auch im Sommer im Auto auf dem Parkplatz braten lassen? Ist das in ihren Augen Auslastung, das berühmte Auspowern um jeden Preis? Erspart das lästiges den-Hund-noch-schnell-Bewegen? Die zeitliche Länge der "Gassi-Runde" durch entsprechendes Tempo einfach verkürzen?

Grundsätzlich powert man bitte einen Hund schon mal nicht aus. Einen Hund lastet man aus. Nur weil wir 10 Stunden täglich im Büro sitzen, was wider der menschlichen Natur ist, und wir dies durch feierabendliches Streßjoggen oder auf-dem-Laufband-rennen kompensieren, müssen wir diese Burn-Out-Vorbereitung doch nicht auf unseren Hund übertragen.

Ein Hund braucht ca. 20 Stunden Schlaf am Tag. Möglichst nicht in Einsamkeit, denn dies ist kein erholsamer Schlaf. Und was tun dann Hunde in Freiheit, also Straßenhunde, verwilderte Hunde? Sie ziehen gemächlich von Müllhalde zu Müllhalde und rennen nicht im Hetzgalopp durch die Gegend. Und erst recht nicht bei Hitze sondern dann, wenn es abgekühlt ist. Man sieht überhaupt selten Tiere freiwillig länger als ein paar Minuten rennen, seien es wilde Tiere oder domestizierte Tiere.

Wenn Sie das Bedürfnis haben, ihren Hund bei hochsommerlichen Temperaturen "auspowern" zu müssen, dann rennen Sie bitte selber erst mal eine halbe Stunde durch die pralle Sonne. Aber bitte mit warmer Jacke!

"Ausgepowert" muss kein Hund werden. Auslasten hat nie etwas mit km/h zu tun, sondern mit Erleben, Sinne einsetzen, Gemeinschaft, Natur fühlen, Hund sein und Seele baumeln lassen zu tun. Alles andere ist kontraproduktiv und bewirkt durch die Produktion des Hormons Adrenalin und Cortisol, dass der Hund immer mehr und mehr braucht und immer hibbeliger anstatt ruhiger und ausgeglichener wird.

PS: Update Mai 2020: In Österricht ist Radeln mit Hund laut Tierschutzgesetz verboten!!!

mit freundlicher Genehmigung des Verfassers

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Kommentare: 2
  • #1

    Barbara Bolli (Samstag, 06 Juni 2020 20:00)

    Die Österreicher schütten das Kind mit dem Bad aus. Man kann Leute büssen welche bei hohen Temperaturen Fahrrad Touren mit dem Hund machen oder die Hunde auspowern am Fahrrad aber verbieten finde ich falsch. Auch wir sind manchmal am Sonntag mit den Hunden auf gemütlicher Fahrrad Runde oder wenn ich viel im Garten gearbeitet habe nehme ich das Fahrrad und wir bummeln ganz gemütlich über die Felder, denn manchmal bin ich dann zu Müde zum Laufen und Fahrrad fahren ist weniger anstrengend.

  • #2

    Anïta (Sonntag, 07 Juni 2020 06:13)

    liebe Barbara, da bin ich voll bei dir. Es geht vielmehr um den Unverstand der Menschen. wir sind auch oft mit dem Rad unterwegs. Es geht um die Verhältnismässigkeit. Beispiel: Einen sehr bewegungsfreudigen Hund, den wir platziert haben. Er hat einen relativ langweiligen Alltag, aber im grünen Bereich. Ein wunderschöner, sonniger Tag. Der Junior der Familie packt die Rollerblades und macht dem Hund „eine Freude“. Sie bewältigen eine grosse Strecke. Nach lustiger Fahrt, nach Stunden, zeigt der Hund Auffälligkeiten und macht des öfteren Pause.Erst als er gar nicht mehr laufen will, schaut man nach. .... Er hat Bladdern an allen vier Pfoten. Tierarzt- Bewegungs Abstinenz.
    Weil das kein Einzelfall ist, darum habe ich den Bericht rein gestellt. Ich plappere mir den Mund fransig bei einer Vermittlung, trotzdem höre ich, dass der ungeübte Hund nach einer 9 stündigen Wanderung völlig platt war, dass man ihn am Velo ausgepowert hat, dass er nach drei Stunden Reitbegleitung keinen Muks mehr machte, dass er nach 20 km am Dog Cart im Keller verschwand.....
    Das alles sind normal aufgebaut, tolle Sachen, das meine ich mit Mitgefühl. Mit „den Kopf einschalten“.
    Unsere Hunde sind fühlende Wesen, tolle Trainingspartner, und gehen, vor allem unsere Rasse, weit über ihre Grenzen hinaus um es uns recht zu machen. Da liegt es doch an uns, ach so intelligenten Menschen, das Mass zu setzen.